Gemeinsam Gegenstände reparieren – dieses Konzept gibt es schon länger. Seit 2002 finden zum Beispiel die sogenannten Reparaturtage in Kempten statt. 2016 haben sich weltweit 1.000 Reparatur-Cafés registriert, 2020 waren es bereits doppelt so viele. Tendenz weiter steigend. Auch die Gemeinde Nersingen im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm hat sich 2015 dem Reparatur-Geist verschrieben. Als gemeindliche Seniorenbeauftragte leitet Beate Müller das Reparatur-Café an und gibt uns einen Einblick ins Tüftler-Team.
Immer wieder freitags
Jeden Monat können sich Menschen zu einem Termin zwischen 13:30 und 16:30 Uhr mit ihrem kaputten Alltagsgerät anmelden, um es wiederherrichten zu lassen. Dabei gibt es Kaffee und Kuchen in der Gemeindehalle Nersingen.
Das Angebot werde rege angenommen, schildert Beate Müller. Nersingen sei lange das erste und einzige Reparatur-Café im Umkreis gewesen. Deshalb erstreckt sich die Stammkundschaft von Ulm über Langenau bis hin nach Senden und Bibertal. „Inzwischen kommen auch viele Bürgerinnen und Bürger aus Nersingen.“
Grundsätzlich kümmert sich hier jeder um alle Aufträge, aufgrund beruflicher Hintergründe hat aber jeder sein Spezialgebiet.
Ausgeschlossen ist jedoch die sogenannte „weiße Ware“, also Waschmaschinen, Kühlschränke und Co., erklärt Beate Müller. Auf Nachfrage erinnert sich die Mitarbeiterin der Gemeindeverwaltung an die bisher größte Herausforderung: „Ein wertvolles altes Grammophon.“
Zur Gründung kam es durch einen Impuls von zwei Personen aus dem Seniorenarbeitskreis, die zuvor eine Weiterbildung an der Seniorenakademie besucht hatten. Das pensionierte Paar hat bereits die Goldene Hochzeit gefeiert. Das Repertoire der Ehrenamtlichen ist breit: Sämtliche defekte Haushaltsgeräte wie Toaster, Radios oder Plattenspieler, insbesondere Kaffeemaschinen, aber auch Drucker und Computer oder elektronische Spielzeuge werden im Reparatur-Café Nersingen wieder in Schuss gebracht.
Beschäftigung mit Bedeutung
Schrauben, Löten, Nähen – jedes der insgesamt neun Mitglieder des Reparatur-Cafés bringt sich mit seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten im Team ein. Die meisten davon kennen sich schon lange über das Rathaus-Café. „Es stärkt die Gemeinschaft, bringt viele Kontakte und verstärkt das Gefühl, auch als älterer Mensch gebraucht zu werden“, führt Beate Müller über die Bedeutung des gemeinsamen Instandsetzens von defekten Alltagsgegenständen aus
Neben dem Gemeinschaftsgefühl trägt das Ehrenamt zudem einen entscheidenden Beitrag gegen den Wegwerf-Trend bei. Umso schöner ist die Freude einer Kundin über den geliebten und hochwertigen Vorwerk-Staubsauger mit 20 Jahren auf dem Buckel, als dieser wieder dröhnt.
Mit seinem geschulten Auge hat Gerd Tennigkeit die Ursache schnell erkannt und die entscheidende Stelle neu verlötet. Da hinterlassen die dankbaren Besucherinnen und Besucher gerne eine angemessene Spende in der Spendenkasse.
Vor Ort stand zum Beispiel ein Plattenspieler aus den 1970er Jahren auf der To-do-Liste des Tages, den ein Kunde von seinen Eltern übernommen hatte.
Verharzte Gelenke wurden schließlich als Übeltäter identifiziert. Nach einer knappen Stunde lief die Nadel wieder tadellos über die Platte. Problem gelöst. Kunde zufrieden. Unsere Ressourcen sind begrenzt. Deshalb wird es immer wichtiger, diese zu schonen.
Weniger wegwerfen, mehr investieren
Altes wieder in Ordnung zu bringen statt wegzuwerfen, ist oft nicht der erste Gedanke, wenn ein Gebrauchsgegenstand nicht mehr funktioniert. Doch Beate Müller beobachtet eine positive Entwicklung in der Wegwerf-Gesellschaft: „Wir erleben immer öfter auch junge Menschen, die uns Gegenstände zum Reparieren bringen, insbesondere hochwertige und teure Dinge.“
Reflektierend stellt Beate Müller fest, dass es oft besser sei, einmal in etwas Hochwertiges und Langlebiges zu investieren, als immer wieder billig zu kaufen. „Das gelingt allerdings nur, wenn alle Menschen mit ihrem Einkommen und der Rente sicher leben können“, argumentiert Beate Müller abschließend. Es ist also ein tiefgreifendes Thema. Nichtsdestotrotz sind die Mitglieder des Reparatur-Cafés Nersingen glücklich, zu einer Gemeinschaft wie dieser zu gehören.
Junge Tüftler braucht das Land
Grundvoraussetzung für die Arbeit in der Gemeinschaft ist die Liebe zum Tüfteln sowie handwerkliches und technisches Verständnis. Leider bleibt die Beteiligung von Jugendlichen bisher aus.
führt Beate Müller aus, als sie von ihren Wünschen für die Zukunft spricht. Um weiterhin regelmäßig reparieren zu können, braucht das Reparatur- Café Nersingen junge Tüftler. Im Gegenzug gibt es nicht nur Kaffee, Kuchen und neue Kenntnisse, sondern auch ein gutes Gefühl.
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