Nachbar: Thomas Dirr, Musikschule Weißenhorn

Online-Unterricht

Die Nachbarschaft ganz digital

Musikunterricht auf Draht

Wer die Musikschule in Weißenhorn betritt, fühlt sofort den Charme eines historischen Schulgebäudes. Kein Wunder, schließlich war hier von Beginnan bereits die Dorfschule zu Hause. Corona hat jedoch den Schulbetrieb gehörig auf den Kopf gestellt. Wir berichten, wie es weiter geht.

Das Angebot der Musikschule Weißenhorn ist umfassend. „Von den ersten musikalischen Erfahrungen im Krabbelalter in Begleitung der Eltern bis hin zur Trommelgruppe in freier Natur bieten wir für alle  Altersgruppen Kurse an“, berichtet Musikschulleiter Thomas Dirr und betont: „Gerade in der  musikalischen Geragogik, also das Musizieren mit älteren Menschen, wollen wir unser Angebot noch  weiter ausbauen. So ist künftig auch der Besuch von Lehrkräften im Altersheim geplant, ein Vorhaben, das im Zuge der Pandemie aktuell leider (noch) nicht machbar ist.“

Vom Digital- zum Online-Unterricht
Corona hat den Musikunterricht grundlegend verändert. „Den digitalen Unterricht hatten wir schon vor Corona“, so Thomas Dirr. „Viele Kolleginnen und Kollegen nutzen schon seit vielen Jahren die Möglichkeiten des  Internets und verschiedener Kanäle wie beispielsweise YouTube für ihren Unterricht.“ Neu sind die Herausforderungen des Online-Unterrichts durch die Kontaktbeschränkungen. Doch die meisten Lehrkräfte konnten  sich laut Dirr bereits zu Beginn der Pandemie sehr schnell auf die neuen Gegebenheiten umstellen: „Mittlerweile haben wir uns alle gemeinsam auf der Open-Source-Plattform Jitsi-Meet eingerichtet. Das funktioniert  recht gut. Darüber hinaus wird dieses Tool vom Verband deutscher Musikschulen unterstützt und berücksichtigt sämtliche DSGVO-Vorgaben.“

Andererseits ist Thomas Dirr aber fest davon überzeugt, dass gewisse Erfahrungen aus dem Online-Unterricht auch nach Corona auf die musikalische Erziehung weiterhin Einfluss haben werden. „Einiges ist schon sehr  praktisch. Wenn ich beim E-Bassunterricht meine Hand dicht an die Kamera halte, sieht der Schüler z. B. eine bestimmte Bewegung so groß auf dem Monitor, wie er es im Präsenzunterricht niemals sehen könnte. Oder  Noten beispielsweise – er bekommt sie papierlos von mir als PDF und hat sie auf seinem mobilen Gerät immer dabei, inklusive eines Beispielvideos von mir oder des Künstlers selbst. Das ist schon toll“, stellt Dirr die  Vorteile des Online-Unterrichts heraus.

So schön und bequem die Vorteile der digitalen Welt auch sein mögen, für den gemeinsamen Unterricht  von mehreren Personen, wie etwa eines kleinen Ensembles oder eines Chors, gibt es noch keine  zufriedenstellende Lösung.

„Der Übertragungsweg des Ton- und Bildsignals über den Satelliten ist dafür  einfach zu lang.

Da reicht schon eine Viertelsekunde Verzögerung und es klingt schräg. Auf das  gemeinsame Musizieren müssen wir deshalb derzeit leider verzichten“, so der Musikschulleiter.

Als Musikschule mit inklusivem Ansatz ist das digitale Lernangebot mit der Möglichkeit des Online-Unterrichts auch interessant für Menschen mit Behinderung.

Es schafft neue Perspektiven.

Aber natürlich weiß Thomas Dirr auch, dass der Präsenzunterricht an der Musikschule grundsätzlich durch nichts zu ersetzen ist:

„Noch vor der Pandemie hätten wir Kinder als medienkrank eingestuft, wenn sie nur  noch vorm Smartphone oder Rechner sitzen. Heute wird es im Zuge der Pandemiemaßnahmen von ihnen verlangt. Wir verstehen die Musikschule ganz grundlegend als analoges Angebot in einer zunehmend  digitalisierten Welt. Gemeinsam live miteinander zu musizieren ist durch nichts zu ersetzen. Deshalb stehen wir auch nicht im Wettbewerb mit den zahlreichen Webinar-Angeboten im Internet.“

Entsprechend gibt es für die Musikschule kein Geld für die Anschaffung zusätzlicher Geräte, die für den Online-Unterricht nötig  sind: „Als private Trägerschaft sind wir neben den Gebühreneinnahmen auf Zuwendungen der  Kommunen und der Wirtschaft angewiesen, wie beispielsweise auf regelmäßigen Spenden durch die  VR-Bank über das VRGewinnsparen.“ Bei dieser Gewinnspar-Lotterie unterstützen Sparer mit ihrem Loskauf soziale Einrichtungen und Projekte in der Region.

Auf Spenden angewiesen

Dennoch ist mit den Einschränkungen, die durch die Pandemie verursacht werden, der Fortbestand als  Musikschule alles andere als einfach, wie Dirr erläutert: „Wir arbeiten zwar als Musikschule im  öffentlichen Auftrag, sind aber von der Geschäftsform her ein eingetragener Verein. Somit werden wir  von den Zuschüssen des Digitalpaktes erst einmal nicht berücksichtigt.“

Dabei haben die Sparer gleichzeitig jeden Monat die Chance auf eine Vielzahl an Sach- und  Geldgewinnen.

Vom Lospreis in Höhe von 5,00 Euro werden monatlich 4,00 Euro angespart und am  Jahresende ausbezahlt.

Der restliche Euro fließt in die Lotterie, deren Reinertrag an soziale  Einrichtungen und Vereine ausgeschüttet wird.

Das freut den Musikschulleiter: „Dank der  Unterstützung durch die VR-Bank wurden zu Beginn der Pandemieeinschränkungen schnell ein paar  Laptops organisiert. Einige Kolleginnen und Kollegen haben auch ihre eigenen Geräte mitgebracht.  Irgendwie muss es ja weitergehen.“ Davon sind auch die rund 600 Schülerinnen und Schüler an der  Musikschule überzeugt. Bis auf wenige Ausnahmen folgen alle engagiert dem digitalen Ersatzunterricht.  Das lässt Thomas Dirr positiv in die Zukunft blicken: „Darauf sind wir sehr stolz und alle freuen sich, wenn es  wieder normal weitergeht.“

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